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BGH gibt uns wieder Recht und rügt Verfahrensfehler des OLG Köln! (BGH Az. VI ZB 27/15)

Wir waren von unserem Mandanten beauftragt, eine Berufung zum Oberlandesgericht Köln einzulegen. Er hatte in erster Instanz ein Verfahren wegen eines Behandlungsfehlers seines behandelnden Arztes verloren. Dies vorab: Auf Anraten des OLG Köln haben wir inzwischen für unseren Mandanten einen hervorragenden Vergleich in 5stelliger Höhe abschließen können (OLG Köln Az. 5 U 38/15). Unser Mandant hatte an einer schweren Knieinfektion nach einer Knieopertion gelitten. Der Gutachter im ersten Verfahren hatte einen Behandlungsfehler abgelehnt, obwohl die Knieinfektion viel zu spät behandelt worden war.

 

Wir hatten die Berufung eingelegt und eine sehr ausführliche Berufungsbegründung gefertigt. Durch einen technischen Fehler ist die Berufungsbegründung aber nicht beim Oberlandesgericht Köln angekommen. Allerdings gilt die Berufungsbegründung unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem als eingelegt. Sie wird lediglich mit einem so genannten Antrag auf Wiedereinsetzung in das vorherige Verfahren verbunden und das Verfahren der Berufung läuft dann wie gewohnt weiter. Im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags muss man lediglich erklären, warum die Berufungsbegründung nicht beim Berufungsgericht angekommen war. Wir hatten den Wiedereinsetzungantrag bereits sofort gestellt, denn wir wollten keine weitere Zeit verlieren. In der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags haben wir zunächst die wesentlichen Gründe aufgeführt, in der Absicht, in einem weiteren Schreiben innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat diesen Antrag noch weiter zu begründen und mit Rechtsprechung zu versehen. Das Oberlandesgericht Köln aber hat bereits vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat unseren Antrag zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat dazu folgendes geschrieben:

"1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen .der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung jedes Schriftsatzes, der innerhalb einer gesetzlichen oder richterlich bestimmten Frist bei Gericht eingeht (BVerfGE 53, 219, 222; vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., Vor § 128 Rn. 6 jeweils mwN). Danach darf das Gericht über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht Vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist entscheiden; dabei ist unerheblich, ob es die Sache für entscheidungsreif hält, weil der AntragssteIler innerhalb der Frist zu den Wiedereinsetzungsgründen ergänzend vortragen kann und darf (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2011 -VZB 310/10, NJW2011, 1363 Rn. 4).

2. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen. Das Berufungsgericht hat sich in zivilprozessual unzulässiger Weise der Möglichkeit begeben, Vortrag zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen, da es vor Fristablauf einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beschieden hat. [...]

3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers im Rechtsbeschwerdeverfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Galke - Oehler - Wellner - Klein - von Pentz
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.02.2015 - 11 0399/12
OLG Köln, Entscheidung vom 12.05.2015 - 5 U 38/15-"

Im weiteren Verfahren kam es vor dem Oberlandesgericht Köln zu einer mündlichen Verhandlung. Die Richter des Oberlandesgerichts Köln folgten nach der Zurückweisung des Rechtsstreits unseren Ausführungen. Sie seien mit der Entscheidung des Landgerichts Aachen nicht einverstanden. Insbesondere seien die Ausführungen des Sachverständigen nicht schlüssig und überzeugend. Das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers sei aus Sicht des Senats relativ naheliegend. Weil jedoch das Verfahren sich weiter hinziehen würde und wir für unseren Mandanten bereits zu erkennen gegeben hatten, dass dieser an einer gütlichen Einigung interessiert sei und aufgrund des schon sehr langwierigen gerichtlichen Verfahrens dieses gerne abschließen wolle, machten die Richter einen sehr wohlwollenden Vergleichsvorschlag, den sowohl unser Mandant als auch die Gegenseite nunmehr angenommen hatten. Unser Mandant empfand damit die Berufung als vollen Erfolg und ist froh, über den nun zügigen Abschluss. Der Bundesgerichtshof hat unseren Rechtsansichten, die von dem Rechtsanwalt Prof. Dr. Vorwerk am Bundesgerichtshof vorgetragen wurden, bestätigt. Wir freuen uns, dass wir unserem Mandanten zum Erfolg verhelfen konnten.